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Welche Sprache sprechen Sie? Idee zur niederschwelligen Förderung der Integration in den öffentlichen Verkehrsmitteln

Mail von bm an die

MA17 – Abteilung für Integration und Diversität

Dienststellenleitung

 

Betrifft: Anregung für eine Maßnahme in den Öffis punkto Integration / Eingabe

 

Sehr geehrte Frau Mag.a Dr.in Struppe!

Ich bin Deutsch sprechende Österreicherin. Oft sitze ich in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegenüber oder in der Nähe von anders sprechenden Menschen, deren Sprache ich nicht verstehe. Manche Sprachen erkenne ich ja, aber zunehmend gibt es Sprachen, von denen ich keine blasse Ahnung habe.

Ich bin aber ein neugieriger Mensch. Immer öfter möchte ich gerne wissen: Welche Sprache sprechen diese Menschen mir gegenüber?

 

Neulich saß ich in der U1 einem Mann gegenüber, der sich mit einer Frau neben ihm lebhaft unterhielt. Beide trugen FFP2-Masken.

Eigentlich schöne Menschen, dachte ich mir. Ich wollte nicht unbedingt wissen, woher sie kommen – sie nach ihrer Herkunft zu fragen käme mir irgendwie übergriffig vor. Aber wenn sie sich laut unterhalten und ich ihnen gegenübersitze und alles mitanhören kann oder muss – möchte ich zu gerne wissen, zu welcher Sprache diese Sprachmelodie und diese Ausdrucksweise gehören.

 

Ich bin nun eigentlich nicht besonders offensiv und eigentlich sogar schüchtern. Die Neugier war aber stärker. Ich nahm also meinen ganzen Mut zusammen und unterbrach die beiden in einem Moment des Innehaltens. Ich fragte den Mann, weil er mir gegenübersaß: „Entschuldigen Sie bitte,

ich höre Ihnen nun schon die längste Zeit zu, verstehe aber kein Wort. Wollen Sie mir bitte sagen: Welche Sprache sprechen Sie?“

 

Sie können sich gar nicht vorstellen, Frau Dr.in Struppe, welch strahlendes Lächeln ich auf meine Frage erntete. Und es ergeht mir jedes Mal so,

wenn ich mich traue, diese Frage zu stellen. Noch nie hat mich jemand bös angeschaut oder hat abweisend zurückgeredet, wenn ich ihr oder ihm diese Frage nach der Sprache gestellt habe! „Wir sprechen Arabisch!“ antwortete der Mann. „Schön“, sagte ich und setzte gleich nach, weil ich nun wusste, dass ich die beiden ihrerseits neugierig gemacht habe: „Ich bin Österreicherin. Und Sie? Aus welchem Land kommen Sie?“ –  „Ich bin vor fünf Jahren mit meiner Familie aus Syrien gekommen. Ich spreche noch nicht so gut Deutsch. Aber meine Tochter, die jetzt Pharmazie studiert, spricht es schon sehr gut.“

 

Gleich danach musste ich aussteigen, wünschte den beiden noch alles Gute und sie mir auch, das war´s.

Eine höchst erfreuliche Mini-Episode der Begegnung zwischen einer Angestammten und zwei Zuwanderern.  

 

Ich habe in öffentlichen Verkehrsmitteln immer wieder ähnliche kleine Erfolge beim Ansprechen von fremdsprachigen VerkehrsteilnehmerInnen,

denen ich genau diese Frage stelle. Deshalb wollte ich Ihnen als Zuständige für Integration davon erzählen. Ich erzähle es ja auch in meinem Bekanntenkreis und die probieren es auch schon, das Nachfragen nach der Fremdsprache. Und möchte gleich eine Anregung anschließen.

 

Das müsste sich doch durchdenken lassen: Eine grafisch durchdachte Aufforderung, ein kleines Plakat, eine Durchsage in den Öffis mit der Aufforderung,

sich ein Herz zu nehmen: Menschen, die sich gegenseitig nicht verstehen, dürfen fragen, ja sollten fragen:

„Pardon, wollen Sie mir bitte sagen: Welche Sprache sprechen Sie?“

 

Meinen Erfahrungen nach hätte das gute Auswirkungen auf das soziale Klima der Stadt Wien: Bestimmt bewirkt das etwas,

wenn die Stadt Wien die Menschen hier dazu ermuntert, einander nach ihrer Sprache zu fragen.

Ganz simpel. Kein Anpöbeln. Nur Ausdruck von Neugier. Neugier ist etwas Urmenschliches. Wien ist neugierig auf seine Mitmenschen.

 

Eine Antwort Ihrerseits wäre schön.

 

Mit dem Ersuchen, das durchzudenken und vielleicht etwas daraus zu machen,

grüße ich mit besten Wünschen für Ihre wertvolle Arbeit

Brigitte Menne, Pensionistin

In Donaustadt